Sport, gesunde Ernährung, soziale Interaktion und kulturelle Beschäftigungen helfen dabei, Erinnerungsvermögen aufzubauen und Erinnerungen zu halten.
Gedächtnis-Störungen, Demenzen
Das Abspeichern und Abrufen von Erinnerungen kann von zahlreichen Erkrankungen gestört werden, teils begleitet von Sprachstörungen, Verhaltensauffälligkeiten u.v.m. Wichtig ist eine genaue Eingrenzung der Ursache, zumal einige heilbar sind. Andere schreiten fort, wobei sich der Verlauf positiv beeinflussen lässt. Wir stehen dabei mit Rat und Tat an Ihrer Seite.
Sport, gesunde Ernährung, soziale Interaktion und kulturelle Beschäftigungen helfen dabei, Erinnerungsvermögen aufzubauen und Erinnerungen zu halten.
Folgende Formen werden unterschieden:
„Ich beginne nun die Reise, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führt.“
– Ronald Reagan – US-Präsident und Alzheimer-Patient, 1994
Vorsorge
– Bauen Sie im Laufe des Lebens eine große kognitive Reserve auf:
– Essen Sie gesund (z.B. viel frisches Gemüse und Fisch).
– Vitamin B1, B12 und Folsäure sind besonders wichtig fürs Gehirn.
– Halten Sie Ihr Gewicht im Normbereich.
– Achten Sie auf Blutzucker, Cholesterin und Blutdruck.
– Schlafen Sie ausreichend und erholsam!
– Hören Sie mit dem Rauchen auf.
– Trinken Sie wenig Alkohol (Klasse statt Masse).
Krankheitsbild
Das Gedächtnis (gr. Mnestik) bezeichnet die Fähigkeit des Gehirns, Informationen zu erlernen – sie also abzuspeichern, sich an sie zu erinnern und diese wieder abzurufen. Einzelne Informationen werden als Engramme bezeichnet. Die Gesamtheit aller Engramme bilden unser Gedächtnis. Das Gedächtnis bildet einen der Kernpfeiler unserer Identität.
Gedächtnis-Teilbereiche: Für die Teilbereiche des Gedächtnisses sind jeweils spezifische Hirnregionen zuständig. Die wichtigsten Hirnregionen hierfür liegen im sogenannten limbischen System, zu denen der Hippocampus gehört (lat. für Seepferdchen).
Das Kurzzeitgedächtnis bezieht sich auf Informationen, die im Zeitraum von Sekunden bis Minuten unter kontinuierlicher Aufmerksamkeitszuwendung gehalten werden. Es ist begrenzt auf ca. 7 Informationseinheiten. Beispiel: Eine Telefonnummer, die man sich kurz merkt und dann wieder vergisst.
Das Arbeitsgedächtnis hat eine wichtige ausführende Funktion. Es befähigt, gehaltene Informationen mental zu manipulieren und gegenüber Störinformationen abzuschirmen. Beispiel: Wenn wir ein Rezept gelesen haben und es dann kochen. Oder wenn wir einkaufen gehen und einen Plan haben, was wir alles besorgen möchten.
Das Langzeitgedächtnis beinhaltet dagegen alle Informationen, die nach längerer Zeit abrufbar sind. Die Kapazität ist theoretisch unbegrenzt.
Das Neugedächtnis betrifft Informationen, die nach einer Hirnschädigung ins Gedächtnis aufgenommen wurden.
Das Altgedächtnis betrifft Informationen, die vor längerer Zeit bzw. vor einer Hirnschädigung ins Gedächtnis aufgenommen wurden und bereits lange gespeichert sind. Das prospektive Gedächtnis erlaubt es Aufgaben, Termine, Erledigungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder bei Eintreffen eines bestimmten Ereignisses in der Zukunft zu erinnern und auszuführen. Diese Fähigkeit erfordert sowohl Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Exekutivleistungen.
Deklarative Gedächtnisinhalte können bewusst wiedergegeben werden. Es wird wird weiter unterteilt in das semantische und episodische Gedächtnis. Das semantische Gedächtnis beinhaltet abstraktes Faktenwissen über die Welt (z. B. Rom ist Hauptstadt von Italien) während das episodische Gedächtnis räumlich und zeitlich eingebettete persönliche Erinnerungen enthält (z. B. meine Hochzeitsreise nach Italien). Das nondeklarative Gedächtnis läuft hingegen eher unbewusst. Es wird weiter unterteilt in Priming, prozedurales Gedächtnis (Lernen von Fertigkeiten und Routinen) und Konditionierung sowie nicht assoziatives Lernen. Beispiele: Fahrradfahren oder Instrumente spielen. Hier sind vor allem das Kleinhirn und die Basalganglien beteiligt.
Amnesien: Störungen des Gedächtnisses werden als Amnesien bezeichnet. Anterograde Amnesie bedeutet, dass nach einer Hirnschädigung keine neuen Gedächtnisinhalten mehr aufgenommen werden während retrograde Amnesien mit einem Verlust der Abruffähigkeit älterer Gedächtnisinhalte einhergeht. Kombinationen sind möglich. Wenn etwa nach einem schweren Autounfall keine neuen Erinnerungen mehr gebildet werden – die Fahrt zum Unfall und der Unfall selbst jedoch auch nicht erinnert werden. Gedächtnisinhalte müssen zunächst enkodiert, dann konsolidiert (gespeichert) und zuletzt abgerufen werden. Bei allen drei Prozessen können Fehler auftreten.
Weitere kognitive Domänen: Gedächtnisstörungen treten selten vollständig isoliert auf. Gerade im Bereich der Demenzen fallen in der Regel auch andere Hirnleistungen weg. Teilweise ist das Gedächtnis an und für sich gar nicht betroffen. Die Störung wird jedoch für den Laien als eine des Gedächtnisses wahrgenommen. Wichtige weitere kognitive Teilbereiche, die wir erfragen und untersuchen betreffen:
Akute Gedächtnisstörungen: Einige Gedächtnisstörungen treten akut und dramatisch auf, heilen aber spontan wieder aus (z.B. bei der transienten globalen Amnesie). Hormonstörungen und Vitamin-Mangelzustände führen zuweilen zu einer heilbaren Demenz. Andere akute Gedächtnisstörungen laufen weniger glimpflich ab (z.B. bei Schädigung des Gehirns durch einen Schlaganfall, eine Infektion, einen Unfall, eine Entzündung oder einen Tumor). Im Zuge der Rehabilitation können hier aber teilweise auch erhebliche Rückgewinne erreicht werden.
Chronische Gedächtnisstörungen: Viele chronische, neurologische und psychiatrische Erkrankungen können langfristig das Gedächtnis und andere kognitive Funktionen beeinträchtigen (Epilepsie, Parkinson, Schizophrenie, Depression und multiple Sklerose). Hier stehen mittlerweile effektive Therapien bereit, um den Verlauf günstig zu beeinflussen.
Neurodegenerative Demenzen: Diese Erkrankungen treten vornehmlich im höheren Lebensalter auf. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben unserer Praxis, „normale“ Alterungserscheinungen von krankhaften Veränderungen zu unterscheiden. Frühe Demenzerkrankungen sind viel seltener und meist erblich bedingt. Bei den neurodegenerativen Demenzen ist ein Teil erblich bedingt. Ein großer Teil wird aber auch durch allgemeine gesundheitliche Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen oder die Ernährungsweise mitbestimmt. Ein gut durchblutetes Gehirn wird in der Regel seltener und weniger schwer von einer Demenz betroffen als ein Gehirn mit Durchblutungsstörungen. Viele kleine Durchblutungsstörungen, die im Laufe der Zeit immer weitere Hirnanteile betreffen, stellen eine der häufigsten Demenzursachen dar. Hier können präventive Maßnahmen ansetzen.
Die häufigste Demenzursache ist die Alzheimer-Erkrankung. Hier kommt es zu Ablagerungen von Zellabfällen im Gehirn, bestehend aus Amyloid-beta und tau-Protein, welche den Betrieb stören. Die Folge ist das allmähliche Absterben der Nervenzellen. Eine ähnliche Problematik findet sich bei den frontotemporalen Demenzen (tau- und/oder TDP-43-Ablagerungen) und bei der Lewy-Körperchen- und Parkinson-Demenz (Alpha-Synuklein-Ablagerungen).
Die Ansammlung der Ablagerungen beginnt bereits Jahre oder Jahrzehnte vor den ersten Krankheitsanzeichen. Den Prozess der Ablagerungen aufzuhalten, ist Gegenstand der aktuellen Arzneimittelforschung.
Kurz nach der Rente, zwischen 65 und 70 Jahren, sind nur 1-2% der Menschen von einer Demenz betroffen. Hiernach steigt der Anteil jedoch kontinuierlich an. Bei den über 90-Jährigen sind bereits ca. ein Drittel dement. Frauen sind etwas häufiger betroffen, u.a., weil sie auch älter werden als Männer. Im Zuge des demographischen Wandels nimmt der Anteil der Demenzkranken an der Bevölkerung immer weiter zu.
Diagnostik
Im ärztlichen Gespräch mit Ihnen und am besten auch mit einer Vertrauensperson wird erfragt, was für Gedächtnisstörungen vorliegen. Weitere relevante Faktoren können eingeschränkte Bereiche des Denkens und Handelns sowie Einschränkungen im Alltag darstellen. Auch nach sozialen und familiären Umständen wird gezielt gefragt (z.B. im Beruf und bekannte Demenzen in der Familie).
Im zweiten Schritt folgt eine formale, neuropsychologische Testuntersuchung mittels eines kurzen Screening-Verfahrens. Bei Bedarf kann dies durch ausgiebige Tests ergänzt werden. Die Testung dient der Vertiefung des Verständnisses Ihrer Symptome, der Objektivierung im Vergleich zur Altersnorm oder auch zur Verlaufskontrolle.
Parallel oder sequentiell laufen eine Reihe technischer Untersuchungen, welche vor allem dazu dienen, herauszufinden, ob eine heilbare Ursache vorliegt.
In der Bildgebung (Magnetresonanz- oder Computertomografie) wird das Gehirn dargestellt, um zu prüfen, welche die wahrscheinlichste Ursache für die Gedächtnisstörungen ist.
Ggf. sind noch weitere technische Untersuchungen angezeigt, darunter:
Sich mit Demenz zu beschäftigen, bedeutet, einen Fall von Anfang bis zum Ende zu denken und den Weg dahin würdevoll zu gestalten.
Therapie
Die Behandlung nicht degenerativer Grunderkrankungen kann von einfachen Maßnahmen wie einer Vitamineinnahme bis zu komplexen neurochirurgischen Eingriffen im Krankenhaus reichen.
In vielen Fällen lassen sich aktuell nur die Symptome lindern und den Verlauf verlangsamen. Die degenerativen Grunderkrankungen (Alzheimer, Parkinson, FTLD u.a.) kann man aber nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht heilen.
Mit einer Reihe von Medikamenten kann die Gedächtnisleistung unterstützt werden. Hierzu gehören:
Acetylvholinesterasehemmer: Donepezil, Rivastigmin, Galantamin.
NMDA-Antagonisten: Memantin
Pflanzliche Präparate: Ginko biloba Extrakt.
Antikörper: werden derzeit intensiv erforscht, in der EU nicht zugelassen.
Störungen der Stimmung oder wahnhaftes Erleben werden ggf. mit weiteren Psychopharmaka behandelt. Hierbei ist besondere Vorsicht geboten, da diese Substanzen in der Regel bei Demenzkranken mit einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen einhergehen.
Neben der medikamentösen Therapie spielen bei leichten bis mittleren Gedächtnisstörungen Maßnahmen zur Kompensation und zum Trainieren der Hirnleistung eine wichtige Rolle. Hier kommen professionelle Heilmittel zum Einsatz (z.B. eine neuropsychologische Therapie, eine Ergo- oder Sprachtherapie).
Auch nicht medizinische Hilfsmittel und Kniffe im Alltag können sehr hilfreich sein. Hierzu gehören elektronische Kalender, Smartphones oder Armbänder zur Ortung – falls sich Betroffene verlaufen. Eventuell ist es hilfreich, den Haushalt etwas umzugestalten. Insbesondere wenn Störungen der räumlichen Wahrnehmung oder der Mobilität vorliegen. Dann sollten Stolperfallen vermieden werden oder Nachtlichter und Haltegriffe an den Wänden angebracht werden. Falls vorhanden, sollten auch Hör- und Sehhilfen regelmäßig verwendet werden! Dasselbe gilt für eine CPAP-Maske bei Schlafapnoe. Auch ein Computertraining kann bei leichten Gedächtniseinschränkungen die Gesundheit fördern, z.B. bei https://www.neuronation.com.
Bei fortgeschrittenen Gedächtnisstörungen müssen immer mehr Aufgaben von pflegenden Personen, entweder innerhalb der Familie oder in einer Pflegeeinrichtung, übernommen werden.
Quellen
Continuum. Dementia. June 2022, Vol.28, No.3
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Infos und Selbsthilfe
Hier finden Sie eine kleine Auswahl an nützlichen Informationen, die Ihnen helfen:
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