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Kopf- und Gesichtsschmerzen

Fast jeder kennt Kopfschmerzen. Mit Details wie Migräne-, Spannungs-, Cluster-Kopfschmerz u.v.a. beschäftigen sich wir Neurologen. Haben sie regelmäßig Kopf- oder Gesichtsschmerzen? Nehmen diese gar zu? Zögern sie nicht mit einer Vorstellung. Meist ist die Ursache gutartig und eine Besserung erreichbar.

Um das Auftreten von Kopfschmerzen zu verhindern, ist ein harmonischer Lebensrhythmus mit regelmäßigem Sport, Entspannungsübungen und ohne Zigaretten sinnvoll!

Folgende Krankheiten gehören hierzu:

  • Migräne
  • Spannungskopfschmerz
  • Cluster-Kopfschmerz
  • Trigeminus-Neuralgie
  • Trigeminoautonome Kopfschmerzen
  • Symptomatische Kopfschmerzen bei:
  •  – Durchblutungsstörungen
  •  – Infektionen
  •  – Verletzungen
  •  – Entzündungen
  •  – Stoffwechselstörungen
  •  – Medikamentennebenwirkungen
  • – Tumorerkrankungen

Die meisten kennen leichte Kopfschmerzen ohne klar erkennbare Ursache. Allmählich können sie das Leben allerdings immer stärker einschränken. Wer bereits mehrmals im Monat Kopfschmerztabletten einnimmt, sollte uns aufsuchen.


Abzugrenzen sind Kopfschmerzen als Symptom anderer Krankheiten. Warnhinweise: Plötzlicher Beginn (Donnerschlag), Fieber, Nachtschweiß, Sehstörungen, Schwäche, Verwirrtheit, Beginn mit über 50 J., rund um eine Geburt, beim Husten, Pressen, Sport oder auch ungewöhnliche Veränderungen lang bestehender Kopfschmerzen.

Vorsorge

  • Ausreichender, erholsamer Schlaf.
  • Ein stetiger, regelmäßiger Tag/Nacht-Rhythmus.
  • Ausreichende Trinkmenge beachten.
  • Regelmäßige Mahlzeiten.
  • Regelmäßiger Sport.
  • Regelmäßige, entspannende Aktivitäten wie Meditation.

Krankheitsbilder

Die internationale Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen von 2018 unterscheidet mehr als 200 Kopfschmerzarten. Eingeteilt werden sie in drei Hauptfamilien: Primäre Kopfschmerzen, sekundäre Kopfschmerzen und Gesichtsschmerzen.



1.) Primäre Kopfschmerzen: Hier treten immer wieder Kopfschmerzen auf, ohne dass ein klar fassbarer Grund erkennbar wäre. Sie sind die häufigsten Kopfschmerzerkrankungen. Sie sind zwar meist “harmlos” in dem Sinne, dass sie das Leben nicht bedrohen. Nicht selten können sie jedoch sehr belastend wirken und die Betroffenen in ihren persönlichen, familiären, beruflichen und anderen Angelegenheiten stark einschränken und zur Entwicklung von Ängsten und Depressionen beitragen. Zu den primären Kopfschmerzen gehören:


  • Spannungskopfschmerz: betrifft ~31% der Frauen und ~21% der Männer. Typischerweise beidseitiges Einengungs- oder Druckgefühl, leicht bis mittelstark, Dauer zwischen Minuten und Tagen, zuweilen auch dauerhaft. Der Kopfschmerz nimmt bei körperlicher Aktivität nicht zu und ist nicht begleitet von Übelkeit. Licht- oder Geräuschempfindlichkeit können vorhanden sein. Es werden seltene, häufige und chronische Formen unterschieden.
  • Migräne: betrifft ~19 % aller Frauen und ~10% aller Männer. Sie kann sehr behindernd wirken. Die Migräne ohne Aura zeigt Attacken von 4 bis 72 Stunden Dauer, meist einseitig, pulsierend. Bei mäßig bis starker Ausprägung, Verstärkung durch körperliche Aktivitäten, mit Übelkeit, Licht- und Lärmüberempfindlichkeit. Die Migräne mit Aura ist zusätzlich durch vorübergehende fokale neurologische Symptome gekennzeichnet, die den Kopfschmerzen vorangehen oder sie begleiten. In beiden Fällen gibt es oft Vorboten, die Stunden oder Tage vorausgehen können, und/oder “Nachwehen” in der Erholungsphase mit Veränderungen des Antriebs, Stimmungsschwankungen, Heißhunger auf bestimmte Nahrungsmittel, Müdigkeit und Nackenverspannungen. Nicht selten treten auch  begleitend Schwindelepisoden, Bauchschmerzen und Nackenschmerzen auf.
  • Cluster-Kopfschmerz: seltene Kopfschmerzerkrankung, betrifft häufiger Männer. Attackenartig, sehr schwer, streng einseitig bei 15 bis 180 Minuten Dauer. Betroffene leiden mindestens unter einer Attacke jeden zweiten Tag. In extremen Fällen können es bis zu 8 Attacken pro Tag werden. Oftmals “immer zur selben Uhrzeit”. Teils mit Augenrötung, Tränen, Naselaufen, vermehrtem Schwitzen im Kopfbereich, Pupillenverengung, Lidschwellung, Herabhängen des Lids, Bewegungsunruhe.
  • Trigeminoautonome Kopfschmerzen: eine Gruppe sehr seltener, streng einseitiger Kopfschmerzerkrankungen, die von einem Naselaufen und Augentränen auf der selben Seite begleitet werden (SUNCT, SUNA, Paroxysmale Hemikranie und Hemicrania continua).
  • Andere, primäre Kopfschmerzen (selten): primärer Hustenkopfschmerz, primärer Anstrengungskopfschmerz, primärer Kopfschmerz bei sexuellen Aktivitäten, primärer Donnerschlagkopfschmerz, kältebedingter Kopfschmerz, primärer Kopfschmerz durch äußeren Druck oder Zug, primär stechender Kopfschmerz, münzförmiger Kopfschmerz, schlafgebundener Kopfschmerz, neu aufgetretener, täglicher Kopfschmerz.


2.) Sekundäre Kopfschmerzen: Hier sind die Kopfschmerzen das Symptom einer anderen Erkrankung. Diese sind oft heilbar, selbst wenn sie unbehandelt zum Teil lebensbedrohlich werden können. Daher ist es sehr wichtig, sie von den primären Kopfschmerzerkrankungen abzugrenzen.


  • Kopfschmerzen nach Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen.
  • Kopfschmerzen bei Gefäßstörungen des Kopfes und/oder Halses (z.B. Blutungen, Infarkten, Thrombosen und Dissektionen).
  • Kopfschmerzen bei nicht gefäßbedingten intrakraniellen Störungen (z.B. Tumoren, Hirn-Überdruck und -Unterdruck).
  • Kopfschmerzen, die durch chemische Substanzen wie Medikamente, Alkohol und Drogen bzw. deren Entzug verursacht werden. Besonders relevant ist hier der Kopfschmerz durch Schmerzmittelübergebrauch. Sobald die Schmerzmittel die Blutbahn verlassen, kommen die Kopfschmerzen umso stärker wieder. Als Grenze werden – je nach Medikament – 8 bis 15 Tage pro Monat mit Schmerzmitteleinnahme gesehen.
  • Kopfschmerzen bei Infektionen, sei es bei einer “Erkältung” oder einer lebensbedrohlichen Hirnhautentzündung, einem Hirnabszess o.ä.
  • Kopfschmerzen bei Stoffwechselveränderungen wie Atemstörungen, Schlafapnoe, Dialyse, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankungen, Hungerzustände, Herzerkrankungen.
  • Kopfschmerzen bei Erkrankungen der Kopforgane: Augen, Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Zähne, Kiefergelenke etc.
  • Kopfschmerzen bei psychiatrischen Grunderkrankungen.


3.) Schmerzhafte Störungen der Hirnnerven:

  • Neuralgien: Einschießende, kurze Schmerzattacken, oft mehrfach am Tag, im Versorgungsgebiet eines sensiblen Hirnnerven.
  • Schmerzhafte Neuropathien: eher dauerhafte, teils konstante, teils schwankende Schmerzen im Versorgungsgebiet eines sensiblen Hirnnerven.  Hauptsächlich betroffen sind:
  • Nervus trigeminus: Stirn-, Oberkiefer- oder Unterkieferschmerzen.
  • Nervus glossopharyngeus: Rachenschmerzen.
  • Nervus intermedius: Gehörgangschmerzen.
  • Nervus Okzipitalis: Hinterhauptschmerzen.
  • Nacken-Zungen-Syndrom: Nacken- und Kopfschmerzen, gepaart mit Gefühlsstörungen einer Zungenseite. Meist aufgrund einer Verdrehung des Atlasknochens gegen den Dens axis im Rahmen plötzlicher Drehbewegungen des Kopfes.
  • Nervus opticus: Schmerzhafte Optikusneuritis, Augenbewegumgsschmerz.
  • Kopfschmerzen bei Durchblutungsstörungen des N. oculomotorius: Doppelbilder, Aufweitung der Pupulle, herabhängendes Lid und Schmerzen  der betroffenen Augenregion.
  • Tolosa-Hunt-Syndrom: Entzündung im Bereich der Augenhöhle mit Schmerzen hinter dem Auge und Doppelbildern.
  • Raeder-Syndrom: morgendliche betonter, migräneartiger, streng halbseitiger Kopfschmerz mit Übelkeit und Erbrechen, Pupillenverengung und herabhängendem Augenlid auf der betroffenen Seite, teils auch Hirnnervenausfälle.
  • Rezidivierende, schmerzhafte opthalmoplegische Neuropathie: wiederkehrende Schmerzen der Augenregion mit Lähmungen der Augenmuskeln.
  • Syndrom des brennenden Mundes: Ein Gefühl, als hätte man sich den Mund oder Teile der Mundhöhle verbrannt.
  • Zentraler neuropathischer Schmerz: Schmerzen im Gesicht, die durch einen Schaden im Gehirn verursacht werden.
  • Anhaltender, idiopathischer Geschichtsschmerz: Schmerzen im Gesicht, für die keine andere Ursache gefunden werden kann.

Diagnostik

Um bei der Vielzahl der möglichen Kopfschmerzursachen Ihren persönlichen Kopfschmerz möglichst gut einzugrenzen, findet anfangs ein eingehendes ärztliches Gespräch statt. Im Anschluss können körperliche und apparative Untersuchungen folgen (Ultraschall oder EEG). Diese dienen im Wesentlichen dem Ausschluss symptomatischer Ursachen. Auch können bildgebende Untersuchungen beim Radiologen und Vorstellungen bei anderen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Augen-, HNO- oder Zahnheilkunde sinnvoll sein. Im Falle lang andauernder Kopfschmerzen ist es sehr sinnvoll, ein Tagebuch über diese zu führen und es zum Gespräch mitzubringen.

Sich mit Kopfschmerzen zu beschäftigen, bedeutet, auf Details zu achten!

Therapie

Die Therapie von Kopfschmerzen folgt drei Prinzipien:


1.) Symptomatische Ursachen erkennen und die Grunderkrankung behandeln.


2.) Kopfschmerzattacken lindern. Hierzu gehören sowohl medikamentöse Verfahren (z.B. der Einsatz von Ibuproprofen, Paracetamol, Metamizol, Aspirin oder Triptanen) als auch nicht medikamentöse Verfahren (z.B. das Einmaßieren ätherischer Öle oder Atemübungen). Schmerzmittel sollten nicht zu oft angewendet werden! Ansonsten kann es zu einem zusätzlichen Kopfschmerz durch Arzneimittelübergebrauch kommen. Bei Ibuprofen, Novaminsulfon, Paracetamol, Naproxen und Aspirin beträgt die Grenze 15 Tage pro Monat. Bei Kombinationspräparaten wie Tomapyrin, bei Triptanen und besonders bei Opiaten wie Tramadol ist die Grenze bereits nach 8-10 Einnahmetagen pro Monat erreicht.


3.) Kopfschmerzattacken verhindern: Gerade dem Verhalten kommt hier eine Schlüsselrolle zu. Bereits mit regelmäßigem Sport und Entspannungsphasen kann eine Menge erreicht werden. Werden Sie an mehreren Tagen des Monats von Kopfschmerzen geplagt, kann eine medikamentöse Prophylaxe sehr hilfreich sein. Zum Einsatz kommen vor allem Blutdruckmittel, Antidepressiva und Antiepileptika. In besonders hartnäckigen Fällen kommen auch spezielle Verfahren zum Einsatz wie die Injektion von Antikörpern, lokal wirksamen Betäubungsmitteln und Botulinumtoxin. Härtefälle bearbeiten wir in enger Abstimmung mit Spezialisten aus neurologischen und neurochirurgischen Kliniken sowie Schmerzkliniken, wo etwa eine operative Therapie oder ein Schmerzmittelentzug stattfinden kann.

Quellen
Continuum. Headache. June 2021, Vol.27, No.3

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Hilfe und Selbsthilfe

Hier finden Sie eine kleine Auswahl an nützlichen Informationen, die Ihnen helfen:

Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V.
MigräneLiga e.V. Deutschland
Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e.V.
Leben mit Migräne (Sponsor: Novartis Pharma)
Wissensseiten über Cluster-Kopfschmerz

Downloads

Migränekalender
Cluster-Kalender
Trigeminus-Kalender