Stress kann durch negative oder positive Dinge ausgelöst werden. Negativer Stress macht eher krank als positiver Stress, doch auch zuviel des Guten kann Probleme bereiten.
Stress
Stress ist die erhöhte seelische und körperliche Anspannung, die wir empfinden, wenn uns das Leben fordert, z.B. wenn man sich an Neues anpassen muss. Wird er zu stark, kann er uns regelrecht ausbrennen und zu Angst, Depressionen, Schlafstörungen u.v.m. führen. Wir möchten Ihnen helfen, mit Stress und seinen Folgen gesund umzugehen.
Stress kann durch negative oder positive Dinge ausgelöst werden. Negativer Stress macht eher krank als positiver Stress, doch auch zuviel des Guten kann Probleme bereiten.
Ein Übermaß an Stress kann krank machen:
„Ein in Ruhe gegessenes Brot ist besser als ein im Stress eingenommenes Festmahl.“
– Aesop – Altgriechischer Dichter
Tipps zur Burnout-Prävention
Krankheitsbild
Stress oder Anspannung bezeichnet eine durch äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene Reaktion, welche die Bewältigung der Stressoren befähigen können. Sie können jedoch auch körperliche und geistige Belastung auslösen. Stress ist notwendig, um sich physisch und psychisch an verändernde Bedingungen anzupassen. Es kann im günstigen Fall dazu führen, dass durch Stresstoleranz besser ertragene Belastungen sogar neutralisiert werden.
Stress in seiner urtümlichsten Form entsteht dann, wenn wir z.B. gegen ein Raubtier kämpfen oder vor ihm fliehen müssen. In dieser Situation kommt es zu einer Ausschüttung von Adrenalin, was den Blutdruck und Puls hochfährt, die Pupillen weitet, die Muskeldurchblutung erhöht und die Eingeweidedurchblutung reduziert. Der Einfluss der höheren Hirnzentren auf das Verhalten nimmt ab, die des Stammhirns zu. Man kann rascher reagieren, die Dinge aber nicht durchdenken. Geht die Stresssituation gut aus (z.B. mit einem Sieg), werden Glücksbotenstoffe wie Endorphine ausgeschüttet. Im Falle einer Niederlage wird hingegen mehr Kortison ausgeschüttet. Von diesen Stressreaktionen leiten sich alle anderen Arten von Stress ab. Bei Langzeitstress werden noch weitere Stresshormone ausgeschüttet.
Stress beim Menschen hat viele Gesichter. Immer handelt es sich um eine Beanspruchung. Diese kann sowohl als positiv, negativ oder beides empfunden werden. Die Bewältigung der Beanspruchung ist von den persönlichen – aber auch gesundheitlichen – Eigenschaften und Fähigkeiten abhängig. Dementsprechend kann Stress unterschiedliche Verhaltensweisen auslösen (z. B. Aggression, Flucht, Verhaltensalternativen, Akzeptanz, Änderung oder Verleugnung der Situation).
Positiver Stress (Eustress) erhöht die Aufmerksamkeit und fördert die maximale Leistungsfähigkeit des Körpers, ohne ihm zu schaden. Er tritt etwa auf, wenn man bestimmte Ziele erreichen will. Dabei sind Zeit und Möglichkeiten zur Vorbereitung für das Erreichen des Zieles gegeben. Oder wenn eine Krisensituation positiv bewältigt und überwunden werden kann.
Negativer Stress (Distress) entsteht, wenn Belastungen häufig oder dauerhaft auftreten und nicht kompensiert werden können. Distress wird als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd gewertet. Insbesondere trifft dies zu, wenn man keine Möglichkeit zur Bewältigung der Situation sieht oder hat.
Typische, psychosoziale Stressoren:
Einschneidende Lebensereignisse, insbesondere der Tod eines nahen Mitmenschen und die Trennung einer Partnerschaft. Aber auch positive Dinge wie eine Eheschließung, die Geburt eines Kindes, eine Beförderung, ein Umzug. Alles erfordert eine hohe Anpassungsleistung. Hinzu können Beziehungskonflikte, Termindruck, Lärm, Schulden, Armut, fehlende Gestaltungsmöglichkeiten, mangelndes Interesse am Beruf und in der Freizeit, Unterforderung, Langeweile, große Verantwortung, Mobbing, Schichtarbeit, Versagensangst, Perfektionismus, Einsamkeit, Schlafmangel, Reizüberflutung, Krankheiten, Schmerzen oder seelische Probleme bei sich oder den Angehörigen, Gewalterlebnisse, Überforderung durch schnelle neue Neuerungen, Überforderung durch soziale Interaktion, Bedrohungen des Selbstwertgefühls, kommen.
Stress bedingt, u.a., Einschränkungen des Denkens und der Gefühlswelt, Schwitzen, Verdauungsprobleme, verminderte sexuelle Lust, Engegefühl in der Kehle oder Brust, Muskelverspannungen und sozialen Rückzug.
Ist der Stress stark genug oder wirkt er lang genug, kann er zu einer dauerhaften Sensibilisierung gegen Stress führen. Anstatt einer „Abhärtung“ ist man hiernach noch empfindlicher für den Stress. Dies führt auf Dauer zu psychischen Krankheiten. Bei vielen psychischen Krankheiten wird zwar ein Zusammenhang zu diesem oder jenem Stress vermutet. Belegt werden kann es aber nicht. Bei der akuten Belastungsreaktion, der Anpassungsstörung und der posttraumatischen Belastungsstörung hingegen besteht ein sehr klarer Bezug zum Stress.
Akute Belastungsreaktion: Sie entwickelt sich schlagartig nach einer außergewöhnlichen, physischen oder psychischen Belastung und klingt innerhalb weniger Tage wieder ab. Die betroffene Person „steht unter Schock“. Das Bewusstsein ist eingeengt, die Aufmerksamkeit reduziert bis hin zum dissoziativen Stupor. Die Reaktion ist ähnlich zu einem Tier, dass ich im Angersicht des Jägers totstellt. Es kann hingegen auch ein Unruhezustand folgen, was eher einer Fluchtreaktion entspricht. Oft wird dieser Zustand von massiver Angst samt Herzklopfen und Schwitzen begleitet. Teils wird das Geschehene verdrängt. Die Folge ist eine Gedächtnislücke.
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Diese entsteht Wochen oder Monate nach einem sehr bedrohlichen Ereignis, welches nachvollziehbar bei fast jedem einen tiefgreifenden Eindruck hinterlassen würde (z.B. das Überleben eines Artillerie-Trommelfeuers oder einer Vergewaltigung). Prädisponierende Faktoren in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung einer PTBS senken und den Verlauf erschweren. Sie sind weder notwendig noch ausreichend, um die Störung zu erklären. Typisch sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Nachhallerinnerungen (Flashbacks) und Albträumen sowie eine andauernde, emotionale Dumpfheit, Gleichgültigkeit, Teilnahmslosigkeit, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die einen an das Trauma erinnern könnten. Oftmals liegen auch eine übermäßige Schreckhaftigkeit und Schlafstörungen vor. Nicht selten entwickelt sich hieraus eine Depression oder eine Angststörung.
Anpassungsstörungen: Das sind Zustände der emotionalen Beeinträchtigung oder Angst, die nach einer entscheidenden Lebensveränderung auftreten und das Funktionieren im Alltag behindern. Meist hat dieses Lebensereignis das soziale Gefüge verändert. Es kann sich um einen Trauerfall oder eine Scheidung handeln oder auch eine Emigration oder Flucht. Es kann sich auch um einen Übergang zwischen zwei Phasen im Leben oder einen Rollenwechsel handeln (z.B. Geburt des ersten Kindes, Erreichen eines Berufsabschlusses, Eintreten in den Ruhestand). Die individuelle Prädisposition ist bedeutsam. Es ist aber davon auszugehen, dass die Beschwerden ohne die besondere Belastung nicht entstanden wären. Typisch sind eine depressive Stimmung, Ängste und Sorgen sowie Überforderungserleben und ein verändertes Sozialverhalten.
Burnout: Das „Ausgebranntsein“ ist die relativ unscharfe Beschreibung eines Erschöpfungszustandes, welcher aus dem Spannungsfeld hoher beruflicher oder privater Anforderungen von anderen an uns, unseren eigenen Ansprüchen an uns selbst und den tatsächlichen Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten herrührt. Die Symptome sind denen der Anpassungsstörung und der Depression sehr ähnlich. Daher wird ein Burnout in der psychiatrischen Fachliteratur auch nicht als eigenständige Krankheit sondern als ein ungesunder Zustand angesehen. Für die Betroffenen hingegen sind solche akademischen Spitzfindigkeiten irrelevant. Wichtig sind folgende Aspekte: Der chronische Stress rührt in erster Linie vom Arbeitsplatz her. Auch die mangelnde Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben kann eine entscheidende Rolle spielen. Die Betroffenen fühlen eine nachlassende Energie, dafür eine stetig zunehmende Erschöpfung. Sie distanzieren sich innerlich vom Beruf oder von Gefühlen, werden zynisch. Die professionelle Leistungsfähigkeit nimmt hierdurch ab.
Diagnostik
Im ärztlichen Gespräch werden die Symptome gesammelt, kategorisiert und in den Gesamtkontext gestellt. Berücksichtigt werden biologische Gegebenheiten (Alter, Geschlecht, Geburten, Vorerkrankungen, Medikamente, Familiengeschichte) ebenso wie psychologische Aspekte (subjektiver Stress, Schlaf, Leistungsfähigkeit etc.) und soziale Faktoren (Beruf, Beschäftigung, Wohnform etc.).
Die biologischen Aspekte werden ggf. durch Labortests ergänzt, die psychologischen und sozialen Aspekte ggf. durch Fragebögen.
Auf diese Weise lässt sich ein Gesamtbild erarbeiten, bei dem Stress, aber auch Resistenz- und Resilienzfaktoren berücksichtigt werden.
Menschen zu entlasten, sie zu begleiten und ihnen zu helfen, trotz der manchmal schwierigen Umstände ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen, das Hoffnung und Perspektive gibt – das ist unser Ziel.
Therapie
Stressbedingte Erkrankungen werden psychoedukativ, medikamentös und psychotherapeutisch behandelt. Das größte Risiko übermäßigen Stresses ist, das hieraus Einschlafstörungen, Angsterkrankungen, Depression oder Sucht entstehen kann. Die Behandlung ähnelt der Behandlung genannter Erkrankungen, mit einem präventiven Fokus.
Leichter Stress: Hier reichen oft supportive Gespräche und Diskussionen mit der Familie bzw. dem sozialen Umfeld aus, um die schlimmsten Beschwerden zu bessern. Empfohlen werden auch regelmäßiger Sport und Mediation. Durch Verhaltensmaßnahmen der Schlafhygiene wird versucht, einen erholsamen Schlaf zu erreichen – das beste und natürlichste, körpereigene Mittel gegen Stress! Vorsicht ist geboten bei Nikotin, Alkohol, Benzodiazepinen und Cannabis. Diese dämpfen den Stress erstmal, um ihn später noch stärker zurückkehren zu lassen. Auch greifen manche zu Stimulantien wie Kokain oder Amphetamin, um trotz Übermüdung weiter leistungsfähig bleiben zu können. Stress kann somit ein Einstieg in eine Suchterkrankung sein. Selbst vor übermäßigem Koffeingenuss muss hier gewarnt werden. Teilweise setzen wir pflanzliche Mittel ein, die leicht beruhigend wirken, etwa Lavendel, Passionsblume oder Baldrian.
Schwerer Stress: Bei ausgeprägterem Stress kommen neben den genannten Allgemeinmaßnahmen auch Psychopharmaka und die Psychotherapie zum Einsatz. In unserer Praxis werden nur wenige langfristig angelegte Psychotherapien durchgeführt, allerdings regelmäßige supportive Gespräche sowie kurze und fokussierte therapeutische Einzel- und demnächst auch Gruppengespräche. Insbesondere bei der posttraumatischen Belastungsstörung ist eine langfristige Psychotherapie allerdings meistens sehr wichtig für die Erlangung dauerhafter Symptomfreiheit. Wir versuchen bei Bedarf, Sie an entsprechende Angebote weiter zu vermitteln. In jüngster Zeit stehen auch immer mehr computerbasierte Verfahren zur Verfügung, welche zumindest erlaubt, einige der Aspekte einer Psychotherapie auch ohne realen Therapeuten anzugehen. Auf diese Wiese können oft bereits die schlimmsten Beschwerden gelindert werden.
Die Pharmakotherapie der Stresserkrankungen ähnelt in vieler Hinsicht derer der Angst- und Depressionserkrankungen und greift auf dasselbe Repertoire an Medikamenten zurück.
Die Medikamente wirken durch ihren Einfluss auf Neurotransmitter im Gehirn, vor allem auf das Serotonin, Noradrenalin und Adrenalin. Sie helfen, innerhalb einiger Wochen das Gleichgewicht in den neuronalen Netzwerken wieder herzustellen. Einige wirken eher müde machend und schlafanstoßend, so dass Betroffene endlich wieder entspannt ein- und durchschlafen können. Andere machen eher wach und wecken den Tatendrang. Insgesamt sind es recht sichere Medikamente, dennoch sind Nebenwirkungen und Risiken zu beachten.
“Selektiven Serotonin Reuptake Inhibitoren” (SSRI): Citalopram, Escitalopram, Sertralin, Paroxetin. Sie wirken eher antriebssteigernd. Tyxpische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Durchfälle, Schwitzen und Kopfschmerzen.
Selektive Noradrenalin Reuptake Inhibitoren (SNRI): Venlafaxin, Duloxetin. Sie haben ähnliche Nebenwirkungen wie SSRI, zusätzlich können sie auch den Blutdruck steigern.
Trizyklika: Clomipramin ist ein älteres Antidepressivum mit Zulassung im Angstbereich.
Cacliummodulatoren: Pregabalin beeinflusst Calciumkanäle der Nervenzellen. Sie wirken angstlösend und schlafanstoßend, weisen dabei aber ein deutlich geringeres Abhängigkeitspotential als Benzodiazepine auf. Es kann müde und schwindlig machen, außerdem den Appetit steigern.
Buspiron ist ein rein gegen Ängste zugelassenes Medikament, das eher seltener verwendet wird. Zu den Nebenwirkungen gehören Schwindel, Übelkeit und Schlafstörungen.
Benzodiazepine sind eine besonders wirksame Gruppe von Medikamenten, die binnen Minuten nach Einnahme auch starken Stress und Ängste stoppen, indem sie an den GABA-Rezeptor im Gehirn binden. Daneben wirken sie einschläfernd und krampflösend. Die rasche und angenehme Minderung von Angst- und Anspannungszuständen kommt allerdings mit dem Preis, dass sie ein starkes Sucht- und Abhängigkeitspotential aufweisen. Außerdem können sie zu besonders im Alter zu Gedächtnisstörungen und zu Stürzen beitragen.
Aufgrund dieser Nebenwirkungen empfehlen wird bedarfsweise bei sehr schwerem Stress nur in Ausnahmefällen den Einsatz von Benzodiazepinen. Ein nicht unerheblicher Anteil der psychiatrischen Arbeit besteht ja gerade darin, Menschen aus der Benzodiazepinsucht heraus zu helfen! Eher verwenden wir daher z.B. das niederpotente Neuroleptikum Promethazin
Quellen
Williamson JB et al. Posttraumatic Stress Disorder and Anxiety-Related Conditions. Continuum. Behavioral Neurology and Psychiatry p. 1738-1763December 2021, Vol.27, No.6
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Hilfe und Selbsthilfe
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