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Depression, Manie

Eine ausgeglichene Gefühlswelt ist maßgeblich für unser Wohlergehen. Eine Depression kann sich als Zustand überzogenen Kummers, völliger Ermattung oder kompletter Abstumpfung darstellen. Das Gegenteil ist die Manie, ein übertriebenes Hochgefühl voller Tatendrang. Wechseln sich diese Zustände ab, liegt eine bipolare Störung vor. Es gibt umfangreiche Behandlungsmöglichkeiten.

Um schwierige Phasen zu bewältigen oder Rückfälle zu verhindern, helfen auch Sport, Entspannungsverfahren und der Austausch mit anderen Menschen. Wir beraten Sie gern!

Affektive Störungen – Depression, Manie und das Niemandsland dazwischen. Wir unterscheiden die folgenden affektiven Störungen:

  • Depressive Episoden
  • Wiederkehrende depressive Störung
  • Dysthymie
  • Gemischte depressive und Angststörung
  • Bipolare Störung Typ I und II
  • Zyklothymie

„Eines der wichtigsten Dinge bei Depressionen, ist, dass man nicht allein ist.“

– Dwayne Johnson – Sportler, Schauspieler und Betroffener

„Auch in der Tiefe des Elends, gibt es in mir immer noch Ruhe, Harmonie und Musik.“

– Vincent Van Gogh – Künstler und Betroffener

Vorsorge

  • Sprechen Sie! Dies gilt insbesondere für Suizidgedanken!
  • Einen Ausgleich schaffen gegenüber Belastungen
  • Achten Sie auf Ihren Schlaf
  • Regelmäßige positive Aktivitäten / Hobbys
  • Regelmäßige sportliche Bewegung
  • Regelmäßige, meditative Entspannung
  • Suchen Sie uns auf, wenn sich eine starke Stimmungsschwankung anbahnt

Krankheitsbild

Unsere Gefühle, auch Emotionen und Affekte genannt, bestehen aus folgenden Basis-Emotionen: Freude, Trauer, Angst, Wut, Überraschung und Ekel. Je nach Definition gehören auch Liebe und Hass sowie Scham, Schuld und Begierde hinzu. Aus diesen Grundgefühlen leiten sich alle weiteren Gefühle ab. Neben den Gefühlen selbst, ist für unser Erleben auch das Energieniveau – der innere Antrieb – entscheidend. Ein weiterer Aspekt ist die innere Anspannung und Entspannung. Alles zusammen ergibt unsere Stimmung.


Im gesunden Leben erfahren wir als Reaktion auf innere und äußere Zustände ganz alltägliche Stimmungsschwankungen. Nach einer erholsamen Nacht und einem leckeren Frühstück mit unseren Lieben fühlen sind wir vielleicht erfüllt von Tatendrang und Vorfreude auf den Tag. Nach einem harten Arbeitstag, an dem vielleicht noch Dinge schief gegangen sind, fühlen wir uns angespannt, ausgelaugt und vielleicht auch deprimiert. Besondere Lebensereignisse, etwa der Tod einer geliebten Person oder die Geburt eigener Kinder gehen mit besonders ausgeprägten Emotionen einher.


Krankhafte Veränderungen des Gefühlslebens werden in der Medizin als affektive Störungen bezeichnet und dadurch bestimmt, dass die Stimmung und der innere Antrieb dauerhaft von den normalen Schwankungen abweichen.


Depression: Dauerhafte Zustände der antriebslosen Niedergestimmtheit und Einengung der Gedankenwelt auf Negatives. Unterschieden werden leichte, mittlere und schwere depressive Episoden. Kehren diese Episoden immer wieder, liegt eine rezidivierende depressive Störung vor. Bei einer Dysthymie fühlen sich Betroffene jahrelang leicht deprimiert. Häufig wird die Depression von Ängsten ausgelöst oder begleitet. Leichtere Zustände, in denen kein Symptom eindeutig überwiegt, werden als gemischte Angst- und depressive Störung bezeichnet. Ca. 3% der Menschen sind aktuell depressiv, 10-20% der Menschen werden mindestens einmal im Leben depressiv. Frauen sind ca. doppelt so häufig betroffen. Allerdings ziehen Männer häufiger die vermeintlich letzte Konsequenz ihrer Behandlung und begehen eine Selbsttötung.


Hypomanie und Manie: Dauerhafte Zustände der antriebsgesteigerten Hochstimmung bezeichnen wir als Hypomanie – ein eigentlich angenehmer Zustand. Dieser kann jedoch in das Vollbild einer Manie kippen, welche ohne Rücksicht auf die objektive Situation mit übermäßigem Optimismus,  unermüdlichem Antrieb und sprudelnden Ideen einhergeht. Die Betroffenen schlafen zunehmend weniger, werden immer angespannter, rastloser und desorganisierter, reden unentwegt, springen „vom Hölzchen aufs Stöcken“ und schaffen bei all ihrem Tatendrang kaum positives. Oft  geben sie sowohl ihr finanzielles als auch ihr soziales Kapital mit vollen Händen aus. Auf eine Manie folgt oft ein böses Erwachen, man steht vor einem Scherbenhaufen und fällt in tiefe Depression. Das häufige Abwechseln der beiden Zustände wird als bipolare Störung bezeichnet. Beim Bipolar Typ I schwanken die Betroffenen zwischen voll ausgeprägter Manie und tiefer Depression. Beim Bipolar Typ II schwanken sie zwischen Hypomanie und Depression. Bei der Zyklothymie liegen jahrelange Schwankungen zwischen leichter Hypomanie und leichter Depression vor, die nicht so ausgeprägt sind wie bei manisch depressiven Episoden. Ca. 2% der Bevölkerung ist davon betroffen, wobei Frauen und Männer gleich häufig erkranken. Besonders rasche Wechsel zwischen Manie und Depression (Rapid Cycling) sind bei Frauen  allerdings häufiger.


Der Alltag der Erkrankten wird insbesondere im Falle einer ausbleibenden Konfrontation mit dem Thema (z.B. einer ärztlichen Behandlung) immer schwerer zu bewältigen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Gefühl von Lebensmüdigkeit (Suizidalität) oder einer Selbsttötung (Suizid).


Die Ursache für affektive Störungen sind Ungleichgewichte in den neuronalen Netzwerken der gefühlsbildenden Hirnstrukturen. Anhand des biopsychosozialen Modells werden diese näher betrachtet: Eine Grund-Verwundbarkeit wird durch unsere Gene und unsere frühen Kindheitserlebnisse gebildet (Prädisposition). Im späteren Lebensverlauf können, u. a. , einschneidende Lebensereignisse, körperliche Erkrankungen, Hormonschwankungen oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen das Gefühlsleben dauerhaft durcheinanderbringen (Präzipitation). Hierdurch werden wir gefühlskrank. Nun entscheiden wiederum andere innere und äußere Einflüsse darüber, ob und wie schnell wir wieder gesunden oder krank bleiben (Perpetuierung). Hierbei können wiederum, etwa die eigenen Gene und körperliche Verfassung oder auch das soziale Umfeld und der Einfluss von Medikamenten, ausschlaggebend sein.

Diagnostik

Die Diagnose einer affektiven Störung wird gestellt, indem die Symptome in ihrer Anzahl, ihrer Ausprägung und ihrer Dauer mit den Kriterien der Internationalen Klassifikation  der Krankheiten (ICD) abgeglichen werden. Hiernach wird entschieden, ob eine einzelne Episode, eine wiederkehrende (rezidivierende) oder eine dauerhafte affektive Störung vorliegt.  Das Bild kann sich im Lebensverlauf auch stark wandeln. Ergänzend können Fragebögen zur Einschätzung und technische Untersuchungen zum Einsatz kommen. Letztere dienen insbesondere dazu, körperliche Ursachen auszuschließen.


Depressive Symptome: gedrückte Stimmung,  Antriebsminderung, Freudlosigkeit, Interessenverlust, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Erschöpfbarkeit, Schlafstörungen, Früherwachen, Morgentief, Appetitminderung, geschwächtes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühle, Gefühl der Wertlosigkeit, sexuelle Lustlosigkeit. Je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome unterscheiden wir die leichte, mittlere und schwere depressive Episode. In besonders schweren Fällen kommen zuweilen auch psychotische Symptome hinzu (z.B. Wahn, etwa in Form von überwertigen Ideen der Verarmung oder Versündigung) oder auch Halluzinationen. Hier besteht eine besonders hohe Suizidgefahr.


Hypomanische Symptome: leicht gehobene Stimmung, gesteigerter Antrieb und Aktivität, auffallendes Wohlbefinden, ungewöhnliche Leistungsfähigkeit, gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit, übermäßige Vertraulichkeit, gesteigerte sexuelle Lust, vermindertes Schlafbedürfnis. Reizbarkeit, Selbstüberschätzung und flegelhaftes Verhalten können ebenso hinzutreten. Die Symptome führen jedoch nicht zu einem Abbruch der Berufstätigkeit oder zu sozialer Ablehnung.


Manische Symptome: Eine der Situation nicht angemessene Hochstimmung, schwankend zwischen sorgloser Heiterkeit und unkontrollierbarer Erregung, vermehrter Antrieb, Überaktivität, Rededrang, Ruhelosigkeit und starker Ablenkbarkeit. Hinzu kommen Größenideen und übertriebener Optimismus. Es tritt ein leichtsinniges, rücksichtsloses, unpassendes und persönlichkeitsfremdes Verhalten an den Tag. In besonders schweren Fällen treten psychotische Symptome wie Größenwahn und Halluzinationen auf.  Die Betroffenen sind für andere kaum zugänglich.

Unser Ziel ist, Menschen zu entlasten, zu begleiten und zu helfen, bei schwierigen Umständen ein möglichst selbst bestimmtes Leben voller Hoffnung und Perspektive zu führen.

Therapie

Affektive Störungen sind häufige Erkrankungen.


Mittlerweile stehen glücklicherweise sehr vielfältige und wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.


Ein reines Abwarten, bis die Symptome abklingen, ist nicht zu empfehlen. Es besteht das Risiko einer Chronifizierung der Beschwerden. Daraus ergeben sich oft unerwünschte soziale Probleme. Es kann, z. B., zum Verlust des Arbeitsplatzes kommen. Um dem entgegenzuwirken, kann eine frühe Kontaktaufnahme zu unseren Fachärzten entscheidend sein. In unserer Praxis können regelmäßige, ärztlich-unterstützende Gespräche geführt werden, um das eigene Gefühlsleben und die Konsequenzen im sozialen Umgang zu reflektieren und ggf. wieder in gesündere Bahnen zu lenken. Digitale Gesundheitsanwendungen können dabei helfen. Bei schwereren Erkrankungen kommt eine ambulante Psychotherapie hinzu (z.B. als Gruppen- oder Einzeltherapie).


Flankiert werden sollten diese Maßnahmen durch Sport und meditativen Entspannungsverfahren, die in Eigenverantwortung durchgeführt werden.  Jede dieser Maßnahmen alleine stellt bereits einen therapeutischen Nutzen dar. Die Wirkung kann durch den Einsatz von Psychopharmaka zwar beschleunigt werden, nicht immer sind diese aber notwendig.


Oft dauert es jedoch ohne Medikamente sehr lange, bis die Betroffenen überhaupt in der Lage sind, sinnvolle Gespräche zu führen oder Sport zu betreiben. Daher sollte ihr Einsatz auch nicht unnötig lange verzögert werden. Antidepressiva wirken durch ihren Einfluss auf Neurotransmitter im Gehirn, vor allem auf das Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Sie helfen, das Gleichgewicht in den neuronalen Netzwerken wieder herzustellen. Einige wirken eher müde machend und schlafanstoßend, so dass Betroffene endlich wieder entspannt ein- und durchschlafen können. Im Gegensatz zu klassischen Beruhigungs- und Schlafmitteln machen sie allerdings nicht abhängig. Andere  wirken eher antriebssteigernd, so dass endlich die Tatkraft zurückkehrt. Bei den erwünschten oder unerwünschten Nebenwirkungen unterscheiden sie sich teils stark. Wir bemühen uns, gemeinsam ein Ihrer Situation angemessenes Präparat auszusuchen.


Folgende Antidepressiva stehen zur Verfügung:


Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren (SSRI): Citalopram, Escitalopram, Sertralin, Paroxetin. Sie wirken eher antriebssteigernd. Tyxpische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen, Durchfälle, Schwitzen und Kopfschmerzen.


Selektive Noradrenalin Reuptake Inhibitoren (SNRI): Venlafaxin, Duloxetin, Milnacipran, Reboxetin. Sie haben ähnliche Nebenwirkungen wie SSRI, zusätzlich können sie auch den Blutdruck steigern.


Trizyklika: Amitriptylin, Nortryptilin, Imipramin, Desipramin, Clomipramin. Diese älteren Mittel sind weiterhin sehr wirksam. Sie können als Nebenwirkungen unter anderem Mundtrockenheit, Kreislaufprobleme und Herzrhytmus-Störungen auslösen.  Jedes der Mittel hat nochmal seine eigenen Besonderheiten, manche sind besonders verträglich, andere besonders wirksam.


Tetrazykalika: Maprotilin, Mirtazapin. Sie sind eher schalfanstoßend und können den Appetit steigern.


Monoamin-Oxidase-Hemmer: Tranylcypromin, Moclobemid. Sie sind recht antriebssteigernd, haben jedoch z.T. gravierende Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und werden daher seltener genutzt.


Atypische Antidepressiva: Bupropion (selektiver Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, antriebssteigernd, appetitzügelnd),  Trazodon (Serotin-Antagonist und Wiederaufnahmehemmer, schlafanstoßend), Tianeptin (neutral zum Schlaf), Agomelatin (Melatonin-Rezeptor-Agonist, schlafanstoßend)


Pflanzliche Stoffe: Johanniskraut. Vorsicht – es hat zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.



Bei den Arten der bipolaren Störung sind in manischen Phasen die Antidepressiva allein ungeeignet, auch wenn sie ggf. für die depressiven Phasen wichtig sind. Hier kommen Phasenprophylaktika zum Einsatz, die dafür sorgen, dass die Stimmung weniger leicht in die Manie oder Depression umkippt. Dazu gehört an erster Stelle der Mineralstoff Lithium. Auch die ursprünglich für die Epilepsiebehandlung entwickelten Antiepileptika Valproinsäure, Lamotrigin, Carbamazepin und Oxcarbazepin sind hilfreich.


Im Falle zusätzlicher psychotischer Phänomene, Ängste oder extremer Schlafstörungen kommen auch Neuroleptika hinzu, die ursprünglich für die Behandlung der Schizophrenie entwickelt wurden (z.B. Quetiapin, Promethazin) oder auch Schlaf- und Beruhigungsmittel (z. B. Lorazepam, Diazepam, Clonazepam und Zopiclon).


Bei einer schweren Depression ist häufig eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik sinnvoll. Dort kann der Patient intensiver ärztlich betreut werden und erhält eine feste Tagesstruktur. Zudem kann die Medikation unter ärztlicher Überwachung gezielt eingestellt werden.


Neben medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung kommen bei einer stationären Therapie häufig weitere Verfahren zum Einsatz, die die Patienten stabilisieren sollen – zum Beispiel Kunst-, Musik- oder Bewegungstherapie.

Auch wenn das Ärgste einer Episode ausgestanden ist, kann es sehr sinnvoll sein, regelmäßig zu Nachsorgeterminen zu kommen, um Rückfälle zu verhindern oder zumindest frühzeitig zu behandeln.

Quellen
Datta et al, Mood Disorders, Continuum, Behavioral Neurology and Psychiatry p. 1712-1737December 2021, Vol.27.

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Infos & Selbsthilfe

Hier finden Sie eine kleine Auswahl an nützlichen Informationen, die Ihnen helfen:

Deutsche Depressionshilfe
Selbstmord verhindern!
Depressionsliga
Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V.
Gemeinsamer Weg Köln, Selbsthilfegruppe Depression
Selbsthilfegruppe Depression Porz
Selbsthilfenetz

Downloads

Stimmungskalender bei Depression
Stimmungskalender bei bipolarer Störung
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