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Autonome Störungen

Das autonome Nervensystem (ANS) regelt die Funktion der Organe, z.B. Kreislauf, Mund- und Augenbefeuchtung, Blasen- und Darmentleerung, Schwitzen u.v.m. Viele Erkrankungen schränken die autonome Funktion als Begleiterscheinung ein. Arzneimittel-Nebenwirkungen können ebenfalls mitspielen. Teils sind mehrere Fachärzte nötig, um die Beschwerden richtig einordnen zu können.

Themen wie Inkontinenz, Verstopfung und Impotenz sind einerseits oft schambehaftet, andererseits der Schwerpunkt anderer ärztlicher Fachbereiche. Sie können uns dennoch auch zu diesen Themen ansprechen!

Folgende Störungen können an einer Dysfunktion des autonomen Nervensystems liegen:

  • Herz-Kreislaufsystem: Kreislaufzusammenbruch (Synkope), Blutdruckschwankungen.
  • Verdauungssystem: Mundtrockenheit, Speicheln, Durchfall, Verstopfung.
  • Unterleib: Inkontinenz, sexuelle Dysfunktion.
  • Haut: gestörtes Schwitzen oder aufstellen der Haare.
  • Auge: Zu eng oder zu weit gestellte Pupillen.

Kampf oder Flucht gegen Ausruhen und Essen. Diese beiden Gegenpole bestimmen die Funktionsweise unserer inneren Organe. 

Tricks bei Störungen des autonomen Nervensystems

  • Orthostatische Hypotonie: Schlafen Sie mit dem Oberkörper etwas erhöht. Stehen sie nach dem Liegen langsam auf. Sitzen Sie erstmal einen Moment auf der Bettkanten und bewegen die Beine. Trinken Sie direkt nach dem Erwachen, noch am Bettrand ein großes Glas Wasser und halten sie sich den ganzen Tag über ausreichend hydriert. Spannen sie nach dem Aufstehen die Beine und den Po an. Essen sie keine großen, schweren Mahlzeiten sondern lieber mehrere Snacks. Vermeiden Sie Alkohol. Ggf. müssen auch Kompressionsstrümpfe getragen werden. Halten Sie sich in jedem Fall so fit, wie es geht, z.B. durch ein Fahrradergometer oder Schwimmen. Betreiben Sie Krafttraining vor allem für die Beine.
  • Synkopen: Lernen Sie, die ersten Vorboten eines Kreislaufzusammenbruchs zu erkennen, so dass sie rechtzeitig die Beine anspannen, sich setzen oder oder  hinlegen können.  Hierzu gehören plötzlicher Schwindel, Müdigkeit, Blässe, Ohrensausen, Tunnelblick, Schwäche,. Herzklopfen,  Zittern, Übelkeit, Darmtätigkeit und Kopfschmerzen.
  • Verstopfung: Essen Sie ballaststoffreich und trinken Sie viel. Probiotischer Joghurt kann hilfreich sein. Trinken Sie gleich morgens einen großen Pott Kaffee und versuchen dann, ihr Geschäft zu verrichten.
  • Polyneuropathie: Halten Sie die Haut ihrer Füße durch Pflegelotionen feucht.  Achten sie auf Risse und kleine Wunden.

Krankheitsbilder

Die Arbeit unserer inneren Organe (Viszera) und deren Koordination untereinander wird durch ein eigenständiges Nervensystem gesteuert, das viszerale Nervensystem. Allein im Darm finden sich beispielsweise fünfmal mehr Nervenzellen als im ganzen Rückenmark. Das Gehirn greift zwar in die Abläufe der inneren Organe und Blutgefäße ein, kontrolliert sie aber nicht vollständig. So können wir nicht willentlich den Herzschlag bestimmen, unseren Blutdruck hoch- und runterdrehen, den Säuregehalt des Magens festlegen, die Geschwindigkeit des Verdauungsvorgangs regeln, das Schwitzen oder das Erröten im Gesicht unterbinden, den Tränen- und Speichelfluss einstellen, unsere Pupillenweite anpassen usw. Wir hätten auch niemals die Zeit oder Aufmerksamkeit für all diese Vorgänge. Die inneren Organe funktionieren durchaus auch noch, wenn sie vom übrigen Nervensystem abgetrennt wurden, wenn auch nicht so gut wie in Zusammenarbeit mit der Zentrale, welche die Organfunktion mit den Sinneseindrücken und dem Verhalten koppelt. Daher ist ein anderer Name für das viszerale Nervensystem auch das autonome Nervensystem.



Das autonome Nervensystem versorgt jedes Organ im Körper. Es hat im wesentlichen drei Anteile:

  • Viszeroafferenzen leiten Signale von den inneren Organen zum zentralen Nervensystem, z.B. bei Bauchschmerzen.
  • Sympathische Bahnen versorgen die Organe mit den Botenstoffen Adrenalin und Noradrenalin. Sie bereiten den Körper auf körperliche Arbeit, Flucht oder Kampf vor. Begegnet man in Wald z.B. einem Raubtier, geht es los: Puls und Blutdruck steigen, der Atem wird schneller, die Pupillen weiten sich, die Muskulatur wird besser durchblutet,  der Schweiß fließt, Energiereserven der Leber werden freigesetzt. Gleichzeitig nimmt die Tätigkeit des Verdauungsapparates sowie der Sexualorgane ab.
  • Parasympathische Bahnen versorgen die Organe mit dem Botenstoff Acetylcholin. Sie kommen beim Ausruhen, Essen, Verdauen und Entspannen zum Einsatz. Puls, Blutdruck und Atmung fallen ab. Die Verdauungsorgane werden besser durchblutet und nehmen Energie aus der Nahrung auf. Die Pupillen verengen sich.

Störungen des autonomen Nervensystems beruhen in der Regel auf einem Ungleichgewicht der drei oben genannten Bestandteile. Viele Medikamente beeinflussen das autonome Nervensystem als gewünschte oder unerwünschte Arzneimittelwirkung (z.B. den Blutdruck, Herzschlag, das Schwitzen und die Verdauung).


Störungen des zentralen Nervensystems können auch die Anteile betreffen, die für die Koordination der inneren Organe notwendig sind (z.B. im Bereich der Inselrinde, des Hirnstammes oder Rückenmarks). Sie kommen z.B. nach einem Schlaganfall, einer Verletzung oder bei einer Entzündung wie der Multiplen Sklerose vor. Auch epileptische Anfälle können das autonome Nervensystem kurzfristig durcheinander bringen.


Störungen des peripheren Nervensystems betreffen neben den dickeren, gut isolierten Nervenfasern – die sensible Signale von der Haut zum ZNS bzw. motorische Signale vom ZNS zu den Muskeln leiten – auch die dünnen, geringfügig isolierten Nervenfasern der inneren Organe. Das wichtigste Beispiel ist die diabetische Polyneuropathie.


Erkrankungen aus dem Parkinson-Formenkreis, die sogenannten Alpha-Synocleinopathien, sind dadurch gekennzeichnet, dass sich das Protein Alpha-Synoclein in Nervenzellen sowohl des autonomen als auch des ZNS ablagert.


Einige seltene Autoimmunentzündungen befallen gezielt Zellen des autonomen Nervensystems.



Typische Symptome autonomer Störungen:

  • Kreislaufzusammenbrüche und Ohnmachtsanfälle (Synkopen), besonders nach einem raschen Lagewechsel vom Liegen ins Stehen oder nach längerem Stehen.
  • Harninkontinenz und Harnverhalt.
  • Verstopfung und Durchfall.
  • Verminderter oder gesteigerter Schweißfluss.
  • Störungen des Speichelflusses und des Schluckens.

Diagnostik

Das ärztliche Gespräch ist der wichtigste Bestandteil der Bewertung von autonomen Symptomen. Die Kunst besteht darin, aus einem Sammelsurium von Anhaltspunkten einen kohärenten Satz von Fragen und Schlussfolgerungen zu formulieren. Wichtige Aspekte sind der Zeitpunkt des Auftretens, der Verlauf, Begleiterkrankungen, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel.


Die körperliche Untersuchung widmet sich neben den typischen neurologischen Tests (z.B. Muskeleigenreflexe) besonders auch der Blutdruckregulation mit Messungen in verschiedenen Körperpositionen, der Haut und den Pupillen.


In manchen Fällen ist es nötig, die Betroffenen an Spezialisten im Krankenhaus oder in anderen Fachbereichen zu überweisen. Dort werden im Anschluss vertiefende Tests durchgeführt (z.B. Langzeit-Blutdruckmessungen, Hautbiopsien, Kipptischuntersuchungen und spezielle Schweißtests).

Auch bei widrigen, schambehafteten Lebensumständen stehen wir Ihnen zur Seite!

Therapie

Die Therapie ist sehr vielfältig und richtet sich nach der Ursache. So sollten zunächst möglicherweise schädliche Medikamente identifiziert und ausgeschlichen werden. Es werden Verhaltensweisen der Bewegung, des Schlafs, des Trinkens oder der Ernährung besprochen, mit denen man den Verlust der autonomen Regulationsfähigkeit teilweise kompensieren kann. Auch physikalische Maßnahmen, etwa Stützstrümpfe können zum Einsatz kommen. Eine Reihe spezieller Medikamente kann – je nach betroffene Organsysteme – ebenfalls verwendet werden.


Quellen
Continuum. Autonomic Disorders. February 2020, Vol.26, No.1

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