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Muskel

Muskelerkrankungen sind eine Gruppe seltener, oft chronisch verlaufender Störungen der Skelettmuskulatur. Sie führen in erster Linie zu Muskelschwäche, z.T. auch zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Sie bedürfen einer interdisziplinären Betreuung.

Unsere Praxis hilft gern – gemeinsam mit Expert:innen an der Uniklinik sind wir Ihr erster Ansprechpartner.

Typische Muskelerkrankungen

Myasthenia Gravis – Belastungsabhängige Muskelschwäche durch Autoantikörper.


Lambert-Eaton-Myasthenisches Syndrom (LEMS) – Autoimmunerkrankung mit gestörter Reizweiterleitung.


Myositiden– Erreger- oder autoimmun vermittelte Muskelentzündungen.


Muskeldystrophien (z. B. Duchenne) – Genetisch bedingter Muskelschwund.


Myotone Dystrophie – Erbkrankheit mit Muskelschwäche und Muskelsteifigkeit.


Metabolische Myopathien – Störungen des Muskelstoffwechsels.


Ionen-Kanalerkrankungen– Fehlfunktionen der Ionenkanäle in Muskelzellen.

„Stärke kommt nicht aus körperlicher Kraft. Sie kommt aus einem unbeugsamen Willen.“
Mahatma Gandhi – 

Tipps bei Muskelerkrankungen

  • Regelmäßige Bewegung, angepasst an Leistungsfähigkeit.
  • Tägliche Ruhepausen einplanen
  • Anpassung der Ernährungsweise, teils mit vermehrtem Protein, Carnithin, Coenzym Q10 etc. je nach Grunderkrankung sinnvoll.
  • Symptome dokumentieren: Ein Tagebuch hilft bei der Verlaufskontrolle.
  • Hilfsmittel nutzen, um Unabhängigkeit zu erhalten.
  • Mit ärztlichem und therapeutischem Team im Kontakt bleiben.

Krankheitsbilder

Grundlagen:


Die 656 Muskeln unseres Körpers stellen insgesamt unser größtes Organ dar. Die Befehle des Gehirns werden in Kraft und Bewegung umgesetzt. Muskeln setzten sich aus Bündeln von Muskelfasern zusammen, welche durch elektrische Reize der Nerven zur Kontraktion gebracht werden. Die Reizübertragung erfolgt an der motorischen Endplatte, der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel. Die Bewegung des Muskels entsteht dann durch das Zusammenspiel der Eiweiße Aktin und Myosin, vermittelt durch Kalzium und ermöglicht durch Energie in Form von ATP. 


Muskelkrankheiten verlaufen manchmal schneller, manchmal langsamer. Manche sind vererbbar, andere durch das Immunsystem bedingt. Medikamente können einen negativen Einfluss auf die Erkrankungen haben.


Allgemeine Beschwerden

  • Schwäche im Gesicht, am Nacken, an den Armen oder Beinen.
  • Probleme beim Schlucken oder Sprechen.
  • Müdigkeit bei Belastung.
  • Muskelverkrampfungen oder Schmerzen.
  • Atemnot.

Metabolische Myopathien: Störungen im Muskelstoffwechsel. Die Muskeln ermüdet schnell, manchmal treten Krämpfe oder Muskelabbau auf.


Myasthenia Gravis: Das eigene Immunsystem stört durch Antikörper die neuromuskuläre Übertragung an den Endplatten. Häufig steckt ein gutartiger Tumor der Thymusdrüse dahinter. Die Muskeln ermüden bei Belastung sehr schnell. Typisch sind hängende Augenlider, Doppelbilder, Schluck- und Kauprobleme. Hitze verstärkt die Symptome. Die Beschwerden bessern sich nach Ruhe. Mittlerweile stehen effektive Medikamente zur Behandlung zur Verfügung.


Lambert-Eaton-Syndrom (LEMS): Eine seltene Autoimmunerkrankung, welche ebenfalls die neuromuskuläre Endplatte stört. Es resultiert eine verminderte Muskelkraft. Auch ein trockener Mund oder Verstopfung sind möglich. Häufig mit bis dahin nicht erkannten Krebserkrankungen verbunden.


Botulismus: Seltene Vergiftung der neuromuskulären Endplatte durch das Gift des Bakteriums Clostridium botulinum, welches sich z.B. in verdorbenem Fleisch oder Fisch findet. Lähmt die Muskulatur, beginnend mit den Augen und dem Schlucken. Kann zur Atemlähmung führen. Behandlung im Krankenhaus mit Gegengift.


Entzündliche Myopathien: Autoimmunerkrankungen mit zunehmen Muskelschmerzen und -schwäche, besonders Schultern und Hüften betreffend. Bei der Dermatomyositis kommt ein Hautausschlag hinzu.


Einschlusskörperchen Myositis: Eine langsam fortschreitende Muskelschwäche bei älteren Menschen. Besonders betroffen sind Oberschenkel und Hände.


Dystrophinopathien (z. B. Duchenne- und Becker-Muskeldystrophie): Erbkrankheiten, bei denen Muskeln abgebaut werden. Beginn im Kindesalter. Die Bewegung wird mit der Zeit schwerer. Neue Therapien wie Gentherapie werden erforscht.


Glieder-Gürtel-Muskeldystrophien: Erbliche Muskelschwäche im Schulter- und Beckenbereich.


Myotone Dystrophie: Die Muskeln sind schwach und entspannen sich nach Anspannung nur langsam. Es gibt weitere Symptome, z. B. Herzprobleme oder Hormonstörungen.


Fazio-skapulo-humerale Dystrophie: Muskelschwäche im Gesicht, Schultern und Armen. Beginnt oft in der Jugend. Die Ausprägung ist unterschiedlich.


Ionen-Kanalerkrankungen, z.B. periodische Lähmungen: Hier funktionieren bestimmte Kanäle in den Muskelzellen nicht richtig. Das führt zu plötzlicher Schwäche, oft nach Ruhe oder bestimmten Lebensmitteln.

Diagnostik

Die Diagnose einer Muskelerkrankung erfordert eine Kombination aus genauer Befragung, körperlicher Untersuchung und gezielten technischen Untersuchungen:


Anamnese und klinische Untersuchung stellen die Grundlagen dar. Wann begannen die Beschwerden? Welche Muskeln sind betroffen? Gibt es familiäre Vorbelastungen?


Blutuntersuchungen: Erhöhung von Muskelenzymen wie Creatinkinase (CK), Nachweis von Autoantikörpern (z B. gegen Acetylcholinrezeptoren bei Myasthenia Gravis).


Elektromyographie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeit (NLG): Untersuchung der elektrischen Aktivität der Muskeln und Nerven.


MRT: Darstellung von Entzündungen oder Muskelschwund.


Gentests: Besonders wichtig bei vererbten Erkrankungen wie Muskeldystrophien.


Muskelbiopsie: Untersuchung von Muskelgewebe, oft bei entzündlichen oder unklaren Befunden.


Spezialtests: z. B. Belastungstests, wiederholte Reizantworten (Repetitive Nervenstimulation).


Biopsien und Spezialtests erfolgen in der Regel in spezialisierten Sprechstunden z.B. an der Uniklinik.

Dinge bewegen – mit Willenskraft statt roher Muskelkraft.

Therapie

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und dem Verlauf der Erkrankung. Ziel ist, Symptome zu lindern, die Funktion zu erhalten und Komplikationen zu vermeiden.



Medikamentöse Therapie:

  • Immunsuppressiva: z B. Kortison, Azathioprin, Mycophenolat bei Autoimmunerkrankungen
  • Acetylcholinesterasehemmer: z. B. Pyridostigmin bei Myasthenia Gravis
  • Biologika: neue Medikamente wie Rituximab oder Eculizumab bei bestimmten Formen
  • Antibiotika/Antitoxine: bei Infektionen wie Botulismus
  • Vitamine, Enzyme, Diäten: bei Stoffwechselmyopathien

Physiotherapie:

  • Bewegung und gezielte Muskelübungen zum Erhalt der Kraft
  • Vermeidung von Kontrakturen und Gelenkversteifungen
  • Verbesserung der Koordination und Mobilität

Ergotherapie:

  • Alltagstrainings, z. B. Anziehen, Greifen, Schreiben
  • Hilfsmittelberatung (z. B. Spezialbesteck, Sitzhilfen)

Logopädie:

  • Training von Sprache, Kauen und Schlucken bei Beteiligung der Gesichtsmuskeln

Hilfsmittelversorgung:

  • Rollstühle, Orthesen, Hebehilfen, Kommunikationshilfen
  • Beatmungshilfen bei Atemmuskelschwäche

Chirurgische Maßnahmen:

  • Thymektomie (Entfernung des Thymus) bei Myasthenia Gravis

Psychologische und soziale Unterstützung:

  • Umgang mit chronischer Erkrankung, Ängsten und Einschränkungen
  • Rehabilitationsmaßnahmen und Austausch in Selbsthilfegruppen

Die Therapie sollte individuell abgestimmt und regelmäßig angepasst werden – idealerweise in enger Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Muskelzentrum.

Quellen
Continuum. Muscle and Neuromuscular Junction Disorders. December 2022, Volume 28, Issue 6.

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Hilfe und Selbsthilfe

Spezialisierte Kliniken und Sprechstunden:

Sprechstunde für Neuromuskuläre Erkrankungen Uniklinik Köln
Klinik für Neuromuskuläre Erkrankungen Uniklinik Bonn

Selbsthilfe:

Myasthenie Gesellschaft Deutschland e. V.
Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM)

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